Banken sind das Rückgrat moderner Volkswirtschaften – sie finanzieren Unternehmen, vergeben Kredite, verwahren Einlagen und sichern Zahlungsflüsse. Gleichzeitig bergen sie inhärente Risiken, wie die Finanzkrise 2008 eindrucksvoll zeigte. In vielen ETFs, insbesondere in breiten Marktindizes wie dem MSCI World, S&P 500 oder Euro Stoxx 50, sind große Finanzinstitute prominent vertreten. Doch welche Risiken entstehen dadurch für Anleger? Und kann die starke Gewichtung von Banken in ETFs systemische Folgen nach sich ziehen? In diesem Artikel beleuchten wir die Rolle von Banken in ETFs, analysieren potenzielle Klumpenrisiken und geben Hinweise für einen bewussten Umgang mit Finanzsektor-Exposure.
Warum Banken eine zentrale Rolle in ETFs spielen
- Marktkapitalisierung und Indexgewichtung: ETFs folgen meist der Marktkapitalisierung. Große Banken wie JPMorgan Chase, Bank of America, HSBC oder BNP Paribas machen dadurch automatisch einen erheblichen Anteil am Index aus.
- Dividendenstarke Titel: Viele Banken zahlen regelmäßig Dividenden. Dividenden-ETFs bevorzugen daher oft Finanzinstitute.
- Breite Branchenabdeckung: In Sektor-ETFs oder All-in-One-Produkten (z. B. LifeStrategy- oder All-World-ETFs) sind Banken als Bestandteil der Finanzbranche fast immer vertreten.
- Finanzinfrastruktur: Banken sind integraler Bestandteil globaler Zahlungs- und Handelsstrukturen – ein Grund, warum sie schwer aus Portfolios auszublenden sind.
Risiken durch Banken in ETFs
1. Klumpenrisiken in Krisenzeiten Wenn systemrelevante Banken unter Druck geraten – wie 2023 bei der Credit Suisse oder 2008 bei Lehman Brothers – kann dies ganze Indizes belasten. ETFs, die breit diversifizieren sollen, tragen dann plötzlich geballtes Risiko.
2. Ansteckungseffekte Banken sind stark miteinander vernetzt. Eine Krise bei einer Großbank kann sich durch Interbankgeschäfte, Derivate und Kreditverflechtungen schnell ausbreiten – auch auf ETFs, die scheinbar unbetroffene Institute halten.
3. Regulatorische Unsicherheit Strafzahlungen, neue Eigenkapitalvorschriften oder staatliche Eingriffe (z. B. Bail-ins) können die Bewertung von Bankaktien abrupt verändern.
4. Zins- und Konjunkturabhängigkeit Banken profitieren von steigenden Zinsen – aber bei Konjunkturschwäche drohen Kreditausfälle und Margendruck. Diese Zyklen schlagen sich direkt in ETF-Werten nieder.
5. ESG-Risiken Viele Banken finanzieren fossile Projekte oder stehen in Zusammenhang mit Geldwäsche- oder Steuervermeidungsfällen – problematisch für ESG-orientierte Portfolios.
Vorteile von Banken in ETFs
Trotz der genannten Risiken gibt es auch Argumente für eine ETF-Exposure in Bankaktien:
- Ertragschancen in Hochzinsphasen: Banken profitieren von höheren Zinsmargen.
- Dividendenrendite: Banken gehören oft zu den dividendenstärksten Sektoren.
- Wertaufholung nach Krisen: Historisch haben sich Bankaktien nach Abschwüngen oft schnell erholt.
- Diversifikation: Nicht alle Banken sind gleich – Investmentbanken, Retailbanken und Spezialfinanzierer reagieren unterschiedlich auf Marktphasen.
Wie groß ist das systemische Risiko wirklich?
Systemisches Risiko entsteht, wenn ein Einbruch im Bankensektor zu Kettenreaktionen im gesamten Finanzsystem führt. ETFs verstärken dieses Risiko nicht zwangsläufig – sie spiegeln es wider. Kritisch wird es dann, wenn Anleger blind in breite Produkte investieren, ohne das zugrunde liegende Sektorgewicht zu hinterfragen.
Beispiel: Im MSCI Europe lag der Anteil von Finanzwerten 2023 bei über 15 %. In manchen Eurozonen-ETFs war er sogar noch höher. Kommt es zu einer Bankenkrise, wird diese Gewichtung zum Risiko für das gesamte ETF-Portfolio.
Tipps für Anleger zum Umgang mit Banken in ETFs
- Sektor-Gewichtungen analysieren: Vor dem Kauf eines ETFs prüfen, wie stark Banken vertreten sind.
- Thematische Beimischungen nutzen: Tech-, Gesundheits- oder ESG-ETFs können zur Risikostreuung beitragen.
- Spezial-ETFs bewusst einsetzen: Banken-ETFs (z. B. Stoxx Europe 600 Banks) nur als gezielte Beimischung nutzen – nicht als Basisinvestment.
- Risikomanagement durch Diversifikation: Weltweit gestreute ETFs (z. B. MSCI ACWI) sind oft stabiler als regionale Fonds mit hohem Bankenanteil.
- Aktuelle Entwicklungen verfolgen: Regulatorische Änderungen, Bilanzkennzahlen und Stresstests geben Hinweise auf die Stabilität einzelner Institute.
Zusammenfassung
Banken sind aus ETFs kaum wegzudenken – und genau darin liegt ein unterschätztes Risiko. Wer in ETFs investiert, sollte sich bewusst machen, wie hoch der Anteil an Finanzwerten im Portfolio tatsächlich ist. Ein durchdachtes Risikomanagement, breite Diversifikation und strategisches Rebalancing helfen, potenzielle Klumpenrisiken zu kontrollieren. Gerade in unsicheren Zeiten lohnt es sich, genauer hinzusehen – denn systemisches Risiko beginnt oft dort, wo niemand es vermutet: im Herzen eines breit gestreuten ETF-Portfolios.