Was passiert mit den Finanzmärkten, wenn ein Dritter Weltkrieg ausbricht?

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Ein Dritter Weltkrieg – ein Szenario, das wie ein dunkler Schatten über der geopolitischen Gegenwart liegt. In einer zunehmend polarisierten Weltordnung mit schwelenden Konflikten, aufgerüsteten Supermächten und neuen Machtblöcken wird diese Frage immer weniger hypothetisch. Während menschliches Leid und globale Zerstörung im Mittelpunkt stehen würden, stellt sich aus wirtschaftlicher Sicht auch eine entscheidende Frage: Was geschieht mit den globalen Finanzmärkten? Welche Mechanismen greifen in einem solchen Ausnahmezustand? Welche Anlageklassen könnten als sicher gelten – und welche drohen massiv einzubrechen? Dieser Artikel beleuchtet detailliert mögliche Reaktionen der Finanzmärkte, Anlageflüsse und strategische Optionen für Investoren im Extremfall.

Sofortige Kapitalflucht in vermeintlich sichere Häfen

Sobald sich ein globaler militärischer Konflikt ankündigt oder ausbricht, reagieren die Finanzmärkte erfahrungsgemäß extrem sensibel. Der erste Reflex ist die Flucht in Sicherheit – weg von Risikoanlagen wie Aktien oder Hochzinsanleihen hin zu traditionellen „Safe Havens“.

Gold steht dabei ganz oben auf der Liste. Seit Jahrhunderten dient es als Krisenwährung und Wertspeicher, der auch außerhalb staatlicher Kontrolle gehandelt werden kann. In einem Weltkrieg könnte nicht nur der Preis von Gold stark steigen, sondern auch die Nachfrage nach physischem Besitz – also Münzen, Barren oder Tresorzugänge.

Neben Edelmetallen gelten der US-Dollar und der Schweizer Franken als Fluchtwährungen. Insbesondere der Franken profitiert von politischer Neutralität, stabiler Binnenwirtschaft und Vertrauen in die Schweizer Nationalbank. Auch kurzfristige US-Staatsanleihen (T-Bills) dürften stark nachgefragt werden, da sie als liquide, sichere und staatlich garantierte Anlagen gelten.

Börsencrashs & Liquiditätsengpässe

Die Aktienmärkte würden in einem solchen Szenario weltweit stark einbrechen. Historisch zeigen sich in Kriegszeiten zunächst massive Kursverluste, insbesondere in zyklischen Branchen. Anleger realisieren Gewinne, ziehen Kapital ab oder geraten durch Margin Calls zum Verkauf.

Börsen könnten in einzelnen Ländern vorübergehend geschlossen oder reguliert werden, etwa durch Volatilitätsunterbrechungen (Circuit Breaker) oder durch Handelsaussetzungen ganzer Sektoren. Besonders betroffen wären ETFs, die aufgrund ihrer Struktur unter erhöhtem Verkaufsdruck leiden könnten. In illiquiden Märkten könnten Spread-Ausweitungen und temporäre Abkopplung vom Nettoinventarwert (NAV) auftreten.

Für institutionelle Anleger könnte es zu Refinanzierungsproblemen kommen. Banken müssten mit erhöhtem Liquiditätsbedarf kämpfen, was sich auf die Geldmarktverfügbarkeit auswirken könnte. Notenbanken würden gezwungen sein, stützend einzugreifen – etwa durch Notfall-Liquidität oder Kapitalmarktinterventionen.

Rückkehr von Kapitalverkehrskontrollen

Ein bislang kaum thematisiertes Risiko ist die Rückkehr staatlicher Eingriffe in den Kapitalverkehr. In einem Kriegsfall könnten Regierungen drastische Maßnahmen ergreifen, um Währungsreserven zu schützen oder Kapitalflucht zu verhindern. Das betrifft:

  • Begrenzungen von Devisenüberweisungen
  • eingefrorene Auslandskonten
  • Einschränkungen beim Erwerb ausländischer Wertpapiere
  • Einschränkungen bei ETF-Anteilen mit hohem Auslandsanteil

Für Privatanleger bedeutet dies: Selbst wenn ein ETF auf dem Papier liquide erscheint, kann sein tatsächlicher Wert im Depot nur schwer realisiert werden, wenn der Zugang zu Märkten oder Währungen blockiert ist.

Verteidigungs- und Sicherheits-ETFs im Fokus

Es gibt auch Sektoren, die in einem militärischen Konflikt nicht nur bestehen, sondern sogar profitieren könnten. Dazu gehören vor allem Unternehmen der Rüstungsindustrie, der Cybersicherheit und der Raumfahrt. Diese Bereiche erfahren in Kriegszeiten oft erhöhte Staatsaufträge und starke Mittelzuflüsse.

ETFs wie der iShares U.S. Aerospace & Defense ETF (ITA) oder der SPDR S&P Aerospace & Defense ETF (XAR) bündeln börsennotierte Unternehmen, die in diesen Bereichen tätig sind. Auch Cybersecurity-ETFs wie der L&G Cyber Security ETF (ISPY) dürften von gesteigertem Bedarf nach digitalem Schutz profitieren. Allerdings sind solche Produkte ethisch umstritten, insbesondere bei Anlegern mit ESG-Anspruch.

Rohstoff- und Agrarpreis-Explosionen

Ein Weltkrieg würde die Rohstoffmärkte massiv destabilisieren. Energiepreise, insbesondere für Öl und Gas, könnten aufgrund von Liefereinschränkungen oder gezielten Blockaden förmlich explodieren. Auch Metalle wie Kupfer, Uran oder Seltene Erden wären betroffen, da sie sowohl für zivile Infrastruktur als auch für militärische Ausrüstung unverzichtbar sind.

Bei Agrarprodukten drohen ebenfalls Verwerfungen. Bereits der Krieg in der Ukraine zeigte, wie empfindlich globale Lieferketten auf regionale Konflikte reagieren. Ein Weltkrieg würde diese Effekte potenzieren – mit drastischen Folgen für Nahrungsmittelpreise und Ernährungssicherheit.

Rohstoff-ETFs oder ETCs mit Fokus auf Grundnahrungsmittel, Energie und Industrie-Metalle könnten in diesem Umfeld zu Krisenprofiteuren werden – allerdings bei hoher Volatilität.

Strategien zur Kapitalsicherung

In einer potenziellen Weltkriegslage steht der Erhalt von Kaufkraft und Liquidität über allem. Dazu zählen:

  • Physisches Gold & Silber: Außerhalb des Bankensystems verwahrt, bietet es einen realen Krisenschutz.
  • Währungsdiversifikation: Neben USD und CHF könnten auch stabile Randwährungen wie NOK (Norwegen) oder SGD (Singapur) relevant werden.
  • Globale Diversifikation: ETFs mit Fokus auf geopolitisch neutrale Länder (z. B. Australien, Kanada, Schweiz, Singapur) bieten Risikostreuung.
  • Liquiditätsreserven: Eine erhöhte Cash-Quote sichert Handlungsfähigkeit – im Extremfall auch durch Bargeld.
  • Substanzwerte: Immobilien, Infrastruktur und produktive Landwirtschaft gewinnen an Bedeutung, da sie reale Werte repräsentieren.

Zusammenfassung

Ein Dritter Weltkrieg wäre ein globales Desaster – nicht nur geopolitisch, sondern auch ökonomisch. Die Finanzmärkte würden auf einen solchen Schock mit dramatischer Volatilität, Kapitalflucht, Markteingriffen und sektoralen Verwerfungen reagieren. Doch wie jede Krise bietet auch dieses Extremszenario Ansatzpunkte für Vorsorge und strukturelle Stabilität. Anleger, die heute schon über Resilienz, Diversifikation und Schutzmechanismen nachdenken, können zumindest finanziell einen kühlen Kopf bewahren. Nicht Panik, sondern Vorbereitung ist der beste Schutz gegen das Unvorstellbare.

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