Das Investieren in börsengehandelte Fonds (ETFs) hat sich in den letzten Jahren als beliebte Strategie etabliert. Aufgrund niedriger Kosten und der Diversifizierungsmöglichkeiten sind ETFs besonders attraktiv für private Anleger. Einige Anleger denken darüber nach, für ihre ETF-Investitionen einen Kredit aufzunehmen, um die Investitionssumme zu erhöhen und potenziell höhere Renditen zu erzielen. Doch ist dies eine sinnvolle Strategie? In diesem Artikel beleuchten wir die Chancen und Risiken von Krediten für ETF-Investitionen.
Was bedeutet es, mit einem Kredit in ETFs zu investieren?
Bei dieser Strategie leiht sich der Anleger Kapital – meist in Form eines Konsumkredits oder eines Wertpapierkredits – und investiert dieses in ETFs. Die Idee dahinter: Mit einem größeren Investitionsvolumen steigt potenziell auch die Rendite. Besonders in Phasen niedriger Zinsen kann ein Kredit verlockend sein, da die Kosten für die Finanzierung gering erscheinen.
Vorteile von Krediten für ETF-Investitionen
- Höhere Renditechancen: Durch die Erhöhung des investierten Kapitals wird das Potenzial für höhere absolute Gewinne gesteigert. So könnten selbst kleine Wertzuwächse auf dem größeren investierten Betrag zu höheren Gewinnen führen.
- Niedrige Zinsen nutzen: In Niedrigzinsphasen sind Kreditzinsen oft günstiger als die erwartete Rendite von ETFs. Wenn der Kredit beispielsweise 3 % Zinsen kostet und der ETF durchschnittlich 6 % Rendite erzielt, entsteht rechnerisch eine positive Renditedifferenz.
- Diversifikation des Portfolios: Durch den Kredit ist es möglich, das Portfolio breiter zu diversifizieren. Anstatt nur in einen ETF oder einen Markt zu investieren, könnte man eine Mischung aus Aktien, Anleihen und Rohstoffen auswählen, um das Risiko zu reduzieren.
- Steuerliche Vorteile: In einigen Ländern sind Kreditzinsen steuerlich absetzbar. Dies kann dazu beitragen, die effektiven Kreditkosten zu senken und die Rendite der Investition zu erhöhen.
Risiken und Nachteile von Kreditfinanzierten ETF-Investitionen
- Kursverluste und Margin Calls: ETFs sind Schwankungen ausgesetzt, und wenn der Markt einbricht, können die Verluste schnell die Kreditkosten übersteigen. Insbesondere bei Wertpapierkrediten kann es bei starken Verlusten zu einem sogenannten Margin Call kommen, was bedeutet, dass der Anleger zusätzliches Kapital nachschießen oder Teile seiner ETFs verkaufen muss.
- Zinsänderungsrisiko: Sollten sich die Kreditkonditionen oder die Marktzinsen ändern, könnte ein zunächst günstiger Kredit teurer werden. Auch bei einem variabel verzinsten Kredit steigen die monatlichen Belastungen, wenn die Zinsen nach oben gehen.
- Verlust des eingesetzten Kapitals: Ein Kredit erhöht das Risiko, da der Anleger nicht nur eigenes Kapital riskiert, sondern auch Schulden aufnimmt, die unabhängig von der Entwicklung der ETFs zurückgezahlt werden müssen. Sinkt der Markt stark, drohen hohe Verluste, die man durch reines Eigenkapital vermeiden könnte.
- Psychologische Belastung: Der Druck, dass neben dem Verlust des eigenen Geldes auch noch Schulden zurückgezahlt werden müssen, kann zu emotionalem Stress führen und irrationales Verhalten wie Panikverkäufe auslösen. Dies führt oft zu schlechten Anlageentscheidungen.
- Disziplin und Kostenkontrolle erforderlich: Die Entscheidung, einen Kredit aufzunehmen, sollte nicht leichtfertig getroffen werden. Laufende Kreditraten und mögliche Schwankungen auf dem Aktienmarkt erfordern eine hohe Disziplin und finanzielle Planung. Auch zusätzliche Gebühren und Kosten, die für den Kredit anfallen könnten, müssen beachtet werden.
Worauf sollten Anleger achten, wenn sie mit Kredit in ETFs investieren wollen?
- Realistische Renditeannahmen: Der erwartete Renditevorteil sollte deutlich über den Kreditkosten liegen. Historische Renditen sollten nicht überbewertet werden, da die Zukunft unsicher ist.
- Notgroschen: Anleger sollten einen finanziellen Puffer haben, um in schwierigen Zeiten weiterhin liquide zu sein und den Kredit bedienen zu können.
- Langfristige Planung: Kredite für kurzfristige Spekulationen in ETFs bergen besonders hohe Risiken. Ein langfristiger Anlagehorizont mindert das Risiko und erhöht die Wahrscheinlichkeit, Schwankungen im Laufe der Zeit auszugleichen.
- Professionelle Beratung: Bei komplexeren Finanzfragen, besonders wenn Schulden involviert sind, ist eine professionelle Beratung ratsam. Ein Finanzberater kann helfen, die Strategie und die Risiken besser zu verstehen.
Lohnt sich die Kreditaufnahme für ETF-Investitionen?
Die Nutzung eines Kredits zur Finanzierung von ETF-Investitionen kann durchaus Sinn machen, wenn der Anleger über eine hohe Risikobereitschaft verfügt und die Renditen der Anlage voraussichtlich die Kreditkosten übersteigen. Dennoch bleibt diese Strategie risikoreich und sollte mit Vorsicht angewendet werden.
Letztlich eignet sich diese Strategie nur für erfahrene Anleger, die eine umfassende Risikoeinschätzung vornehmen und auch finanziell stark genug aufgestellt sind, um Kursverluste und die Kreditbelastung verkraften zu können. Wer sich unsicher ist, sollte lieber mit eigenem Kapital arbeiten und auf eine Kreditfinanzierung verzichten.