Indexfonds oder ETFs sind der Anlagetrend unserer Zeit und die Zukunft der Geldanlage für Privatanleger. Diese sind einfach zu verstehen, transparent, flexibel und kostengünstig. Zumindest, wenn es sich um die erste Generation von ETFs handelt.
Das ist wichtig zu betonen, denn mittlerweile gibt es auch eine zweite und dritte Generation an Indexfonds.
Alle drei Generationen werden hier in ihren Grundzügen vorgestellt und skizziert.
[lwptoc]
1. Die erste Generation von Indexfonds
Indexfonds wurden zu einer Zeit konzipiert (1976), als alle Fondsmanager noch den Markt schlagen wollten.
Deshalb war man als ETF-Investor verpönt, von vornherein nur auf den Durchschnitt zu setzen.
Denn ETFs bilden einfach einen bestimmten Börsenindex passiv nach und wollen nur so gut abschneiden wie ihr zugrundeliegender Index – also wie der Markt.
Insofern stellt passives Investieren einen Gegensatz zu aktivem Anlagemanagement dar.
Erstaunlicherweise landen Anleger mit dieser Strategie oft über dem Durchschnitt aller Anleger.
Und das liegt an den hohen Kosten, die aktiv gemanagte Investmentfonds haben:
- Ein teures Fondsmanagement (z. B. Gehälter, Büromieten, teure Research-Tools)
- Häufige Transaktionen,
um den Vergleichsindex zu schlagen und so die hohen Kosten zu rechtfertigen.
Doch zahlreiche wissenschaftliche Studien belegen inzwischen, dass aktiv gemanagte Fonds auf lange Sicht (5 bis 10 Jahre) ihr Ziel – nämlich den Index zu schlagen – in der Mehrzahl nicht erreichen.
Unter anderem auch deshalb, weil ETFs von vornherein eine ordentliche Risikostreuung mitbringen, da sie ja stets einen ganzen Börsenindex nachbilden.
Im Januar 1993 feierte dann der erste börsengehandelte Indexfonds bzw. Exchange Traded Funds (ETF) der Welt sein Börsendebüt in New York.
Übrigens sind Indexfonds auch eine pflegeleichte Geldanlage, um die man sich nicht ständig kümmern muss, so wie zum Beispiel um Einzelwerte.
Ein jährliches Rebalancing – also die Wiederherstellung des ursprünglichen Ausgangsverhältnisses der verschiedenen Anlageklassen zueinander – reicht meist völlig aus.
Mit ETFs im Depot lässt es sich u. a. auch gut schlafen.
Was ja nicht unwichtig ist.
Aufgrund all dieser Vorteile sind Indexfonds mittlerweile der Anlagetrend unserer Zeit:
Weltweit gibt es aktuell über 7.000 verschiedene ETFs und allein in Deutschland sind mehr als 1.600 ETFs zum Vertrieb zugelassen.
Und wöchentlich kommen neue Indexfonds hinzu.
Ein Beispiel für einen ETF der ersten Generation wäre u. a. der X-trackers MSCI AC World Index UCITS ETF (DR) 1C (WKN: A1W8SB).
Er gehört zur Kategorie „Aktienfonds International„.
Der Index umfasst Unternehmen mit hoher und mittlerer Marktkapitalisierung aus 24 Industrie- und 21 Schwellenländern und enthält 2.424 Bestandteile.
Der Index soll 85 % der frei verfügbaren Aktien (Streubesitz-Marktkapitalisierung) der weltweiten Anlagemöglichkeiten abbilden.
Ein besonderes Kennzeichen von Indexfonds der ersten Generation ist übrigens, dass die Indizes in der Regel kapitalmarktgewichtet sind.
Das bedeutet, dass sich das Gewicht eines einzelnen Unternehmens im Index durch den Aktienkurs multipliziert mit der Anzahl an ausgegebenen Aktien ergibt.
Dadurch bedingt haben große Unternehmen stets auch ein hohes Gewicht im Index.
Darüber hinaus gibt es fast permanent neue Entwicklungen am ETF-Markt:
So gibt es inzwischen u. a. mehrere Generationen von ETFs.
Genau genommen drei.
Wollte die erste Generation einfach nur ihren Vergleichsindex kostengünstig nachbilden, wollten ETFs der zweiten Generation da schon schlauer (smarter) als ihre Benchmark (Referenzindex) sein:
Sogenannte Smart-Beta-ETFs.
2. Die zweite Generation von Indexfonds
Bei der zweiten Generation von Indexfonds versuchen sogenannte Smart-Beta-ETFs schlauer (smarter) als konventionelle ETFs zu sein.
Smart-Beta-ETFs kursieren auch unter der Bezeichnung Faktor-ETFs.
Grundsätzlich geht es um alternative Indexgewichtungen gegenüber der traditionellen Marktkapitalisierung.
Beispielsweise werden ETFs konstruiert, bei denen alle Aktien des Index gleichgewichet sind.
Unter anderem deshalb, weil kleinere Unternehmen in bestimmten Marktphasen oft eine bessere Performance haben als große Unternehmen (siehe auch Faktor „Size“).
Vor allem in den USA und in Europa setzen Investoren immer öfter auf verschiedene Faktor-Strategien.
Noch stecken in den europäischen Faktor-ETFs insgesamt zwar noch weniger als zwei Mrd. Euro, doch in den vergangenen zwei Jahren stieg das Vermögen dieser Fonds rasant an.
Eine ganze Reihe jüngerer Untersuchungen zeigt, dass faktorbasierte Strategien langfristig höhere Renditen bringen können als der Markt – teilweise sogar mit geringerer Volatilität (Schwankungsintensität).
Wer nach solchen Ansätzen investiert, sollte einige Fallstricke dieser Strategien kennen:
Faktor- oder Risikoprämien- Strategien orientieren sich an einem Zusammenhang, den Ökonomie-Nobelpreisträger Eugene Fama aufzeigte:
Nach seiner Auffassung gibt es kein uniformes Markt-Beta (siehe hierzu weiter unten).
Vielmehr lässt sich die Marktrendite in verschiedene Risikofaktoren zerlegen.
Variablen wie Region oder Sektor erklären dabei nur zum Teil die Marktrendite.
Erst zusätzliche Faktoren wie Value oder die Unternehmensgröße (Size) ermöglichten ein vollständiges Bild, argumentierten Fama und sein Co-Autor Kenneth French in einer wegweisenden Studie 1992 (Drei-Faktoren-Modell).
Zahlreiche andere Wissenschaftler bestätigten mit diversen empirischen Studien, dass sich Aktienrenditen in verschiedene Risikofaktoren aufschlüsseln lassen.
Dabei entdeckten die Forscher noch weitere Faktoren wie
- Quality,
- Momentum oder
- Low Volatility.
Mehrere hundert Renditefaktoren wurden inzwischen ausgemacht, durch die sich angeblich ein Mehrertrag generieren lässt.
In diesem Zusammenhang wird auch von einem „Faktor-Zoo“ gesprochen.
In der Investmentpraxis und bei der Konstruktion von ETFs wird jedoch meist auf die fünf am besten erforschten Faktoren abgestellt:
- Value, also Aktien mit niedriger Bewertung;
- Size, Aktien mit geringer Marktkapitalisierung,
- Momentum, also Aktien, deren Kurse sich besser als der Gesamtmarkt entwickeln;
- Quality, verstanden als Aktien ertragsstarker Unternehmen mit goldener Bilanz;
- Low Volatility, also Aktien mit niedriger bzw. unterdurchschnittlicher Volatilität.
Auf Investoren wartet schon hier der erste Fallstrick:
Zur Beurteilung der einzelnen Faktoren verwenden ETF- und Indexanbieter unterschiedliche Kennzahlen und Konzepte.
In Bezug auf die Effektivität der verschiedenen Faktoren dürfen sich Anleger ebenfalls keinen Illusionen hingeben:
Nicht alle Indikatoren funktionieren zu jeder Zeit gleich gut, und nicht jeder Indikator funktioniert in jeder Branche und in jeder Region.
Die wichtigsten Faktoren im Überblick
Value
Von Benjamin Graham stammt das bekannte Zitat, dass ein gutes Unternehmen kein gutes Investment ist, wenn die Aktien zu teuer sind.
Aktienkurse spiegeln also den Wert eines Unternehmens wider.
Value-Aktien sind dabei unterbewertete Titel.
Für die Praxis und für die Konstruktion eines Value-ETF reicht solch eine unscharfe Definition natürlich nicht aus.
Gefragt sind exakte Kriterien, nach denen der Computer die entsprechenden Aktien selektieren kann, um damit anschließend das ETF-Portfolio zusammenzustellen.
Die ETF-Anbieter verwenden unterschiedliche Algorithmen, um Value-Aktien zu identifizieren.
Eine der bekanntesten Kennzahlen für die Beurteilung der Kostengünstigkeit einer Aktie ist das Kurs-/Gewinn-Verhältnis (KGV).
Doch auch andere Kennzahlen der Fundamentalanalyse spielen eine Rolle.
Zu seiner Bekanntheit haben dem Faktor Value vor allem Eugene Fama und Kenneth French in den 1990er-Jahren verholfen.
Inzwischen notieren allein schon rund 30 verschiedene Value-ETFs an der Deutschen Börse.
Quality
Ein gutes Unternehmen erwirtschaftet mehr als es ausgibt und sein Wert wird zwangsläufig weiter steigen.
Anleger setzen hier auf krisenfeste und profitable Firmen, die geringe Schulden aufweisen.
Qualitäts-Aktien-ETFs bieten Beteiligungen an Unternehmen, die Wettbewerbsvorteile nutzen können und zudem eine kompetente Unternehmensführung haben.
Diese stellt sicher, dass Gewinne eher an die Aktionäre weitergereicht werden als für eigennützige Zwecke verwendet werden.
Unternehmenskennzahlen wie
- Eigenkapitalrendite sowie
- die Differenz aus Cashflow und Investitionen im Verhältnis zu den Gesamtaktiva
können dabei eine wichtige Rolle spielen.
Low Volatility
Die Feststellung, dass risikoärmere Aktien langfristig eine mindestens äquivalente Wertentwicklung zeigen wie Aktien mit einem höheren Risiko stammt von Robert Haugen aus dem Jahr 1972.
Wer in schwankungsarme Aktien investierte, konnte nämlich den breiten Aktienmarkt in der Vergangenheit schlagen.
Als Risikomaß diente die historische Volatilität.
Dabei ist das Risiko-/Rendite-Verhältnis (Sharpe Ratio) im Vergleich zu volatilen Aktien höher.
So finden Anleger mittlerweile etliche Faktor-ETFs, die in Aktien mit niedriger Volatilität investieren.
Size
In der Vergangenheit hat sich immer wieder gezeigt, dass Aktien von Firmen mit einer geringen Marktkapitalisierung, sogenannte Small Caps, sich gerade in Bullenmärkten vorteilhafter entwickelten als marktkapitalstarke Unternehmen, sogenannte Large Caps.
Dieser Tatsache trägt der Faktor Size Rechnung.
Dividendenrendite
Beliebt sind auch Strategien, die die Aktien eines breiten Index hervorheben, die eine hohe Dividende zahlen.
Das Schlagwort lautet hier ETF-Dividende.
Im Niedrigzinsumfeld ist die regelmäßige Ausschüttung von Unternehmen an Aktionäre für einige Investoren eine Art Zinsersatz.
Kennziffer ist hier die Dividendenrendite, die die ausgeschüttete Dividende zum Kurs der Aktie ins Verhältnis setzt.
Momentum
Das Momentum ist ein rein verhaltensorientierter Faktor, der wie die Volatilität anhand der Kurshistorie einer Aktie berechnet wird:
Anleger kaufen lieber Gewinner als Verlierer.
Wenn eine Aktie zulegt, steigt sie daher meist weiter.
Im Momentum wird die Geschwindigkeit bzw. die Stärke einer Kursbewegung gemessen.
Durch die fortlaufende Quantifizierung dieser „Schwungkraft“, d.h. deren Richtung bzw. Ab- oder Zunahme, ist das Momentum einer der wenigen Indikatoren, der auf einen bevorstehenden Trendwechsel hinweisen kann.
Es gilt also:
The trend is your friend.
Oft beginnen Auf- oder Abwärtstrends mit starken Kursbewegungen, die dann im Zeitablauf wieder an „Schwungkraft“ verlieren.
Diese „Schwungkraft“ der Kurse wird nun im Momentum analysiert, wobei sich die Beobachtungen auf die
- Kursrichtung,
- die Geschwindigkeit der Kursbewegung und
- auf die Veränderungsrate der Geschwindigkeit
beziehen.
Die kurzfristige Entwicklung von Faktoren vorherzusehen ist ähnlich schwierig, wie den Jahresendstand des S&P 500 zu prognostizieren.
Faktor-Investoren brauchen deshalb Durchhaltevermögen.
„Um eine Faktor-Prämie zu kassieren, muss meiner Ansicht nach das Exposure über einen kompletten Zyklus aufrechterhalten werden, also vielleicht zehn Jahre und mehr“,
sagt beispielsweise Experte Stephan Schrödl, Analyst bei Fondsconsult.
Nur wer das durchhalte, könne eine Prämie voll ausschöpfen.
Folgende Tabelle macht deutlich, welches Potenzial in Faktor-ETFs steckt:
05/2001-
05/2016 |
MSCI USA | MSCI USA Value | MSCI USA Small Cap | MSCI USA Momen-tum | MSCI USA Minimum Volatility | MSCI USA Quality | MSCI USA High Dividend |
Perfor-mance | 125,45% | 169,02% | 245,30% | 229,77% | 246,24% | 174,35% | 189,26% |
Quelle: Kula, G./Raab, M./Stahn, S.: Beyond Smart Beta – Index Investment Strategies for Active Portfolio Management, Wiley Finance Series, Chichester 2017, S. 85 – 95.
Ein Beispiel für einen Mehr-Faktor-ETF wäre unter anderem der PowerShares S&P 500 High Dividend Low Volatility UCITS ETF (WKN: A14RHD):
Ziel des Fonds ist die Erzielung von Erträgen sowie Kapitalwachstum.
Um dieses Ziel zu erreichen, investiert der Fonds in US-amerikanischen Unternehmen, die in der Vergangenheit bei einer niedrigeren Volatilität (Preisschwankungen) hohe Dividendenrenditen geboten haben.
Damit kombiniert dieser ETF zwei verschiedene Faktoren:
Zum einen hohe Ausschüttungen und zum anderen eine niedrige Volatilität.
Indexfonds der zweiten Generation stoßen übrigens nicht nur auf Begeisterung:
Während es bei ETFs der ersten Generation eine Abwärtsspirale bei den Verwaltungsgebühren gibt (Vorreiter ist Vanguard), werden die oft wesentlich teureren Smart-Beta-ETFs dagegen sehr gerne verkauft.
Böse Zungen behaupten, sie wurden in erster Linie konzipiert, damit die Kapitalanlagegesellschaften wieder gutes Geld verdienen können, was mit herkömmlichen ETFs schon schwieriger ist.
Unter Kapitalmarkt-Profis ist übrigens häufig von bestimmten Kennzahlen bezüglich der Performance eines Fonds bzw. ETFs die Rede:
So u. a. von Alpha und Beta.
Deshalb werden diese beiden Kennzahlen im Folgenden kurz erklärt.
Alpha und Beta
Alpha ist ein statistisches Maß für die Wertentwicklung.
Es gibt an, in welchem Ausmaß ein Fonds sich abweichend von der zugrundeliegenden Maßgröße (Benchmark) entwickelt.
Das Alpha misst jenen Teil der Rendite, der nicht mit der allgemeinen Marktentwicklung zu erklären ist, sondern auf der Auswahl von Aktien innerhalb dieses Marktes beruht.
Damit reflektiert Alpha den Erfolg des Fondsmanagements.
Beta ist ein Begriff aus dem Capital Asset Pricing Modell (CAPM) von William Sharpe.
Das Capital Asset Pricing Model ist ein Kapitalmarktgleichgewichtsmodell, das die Moderne Portfoliotheorie um die Frage erweitert, welcher Teil des Gesamtrisikos eines Investitionsobjekts nicht durch Risikostreuung (Diversifikation) zu beseitigen ist und erklärt, wie risikobehaftete Anlagemöglichkeiten im Kapitalmarkt bewertet werden (siehe u. a. Wikipedia).
Beta misst die Volatilität eines Investments in Bezug auf eine Maßgröße (Benchmark).
Mittels des Betas lassen sich Aussagen über das Risiko eines Fonds im Vergleich zu seinem Index treffen.
Generell impliziert ein positives Beta, dass mit einem Anstieg des Index‘ auch ein Anstieg des Fondspreises verbunden ist, während ein negatives Beta ein Sinken des Fondspreises impliziert.
Ein Beta von 1 entspricht dabei der Marktrendite.
Fonds mit einem höheren Beta als es ihr Referenzindex hat, schwanken insgesamt stärker (höheres Risiko) als Fonds mit einem niedrigeren Beta als 1 (niedrigeres Risiko).
Und weil Faktor-ETFs ihren Referenzindex schlagen wollen, heißen sie auch Smart (= kluge, intelligente)-Beta-ETFs.
Kombination von aktiven Fonds und ETFs
Der Siegeszug der ETFs kann niemanden verwundern.
Die Sache hat allerdings einen kleinen Haken:
Wer seine Wertpapierinvestments ausschließlich auf ETFs aufbaut, ist nicht immer gut beraten:
Denn das sture Nachbilden von Indizes verspricht zwar in etablierten Märkten wie dem deutschen oder dem US-amerikanischen Handel mit Standardaktien einen Erfolg.
Doch in exotischeren Regionen – zum Beispiel in bestimmten Schwellenländern -, speziellen Branchen sowie bei bestimmten Anlagethemen kann sich erfahrungsgemäß die Expertise eines erfahrenen Fondsmanagers durchaus rechnen.
Sprich:
Dort kann aktives Fondsmanagement durchaus sinnvoll sein.
Anleger sollten deshalb also nach wie vor beide Seiten der Fondswelt im Blick behalten.
Professionelle Fonds- bzw. Portfoliomanager haben längst die Vorteile beider Fondsarten erkannt und kombinieren aktive Fonds und ETFs u. a. in sogenannten Core-Satellite-Strategien:
Dabei bilden marktbreite ETFs den Kern und die Satelliten werden durch aktive Fonds ergänzt, die – zum Beispiel in bestimmten Regionen oder bei bestimmten Themen – gewisse Vorteile haben, weil der gut vernetzte Portfoliomanager vor Ort beispielsweise einen besseren Überblick hat.
Damit kann er hier womöglich bessere Ergebnisse erreichen als ein Fonds, der nur einen Index nachbildet.
Doch die Entwicklung geht stetig weiter voran und inzwischen liegt die dritte Generation von ETFs vor.
3. Die dritte Generation von Indexfonds
Inzwischen gibt es auch eine dritte Generation von ETFs, die in Deutschland meines Wissens noch nicht sehr bekannt ist.
Auch kann man Unterschiedliches dazu lesen, wobei deutsche Literatur hierzu kaum vorhanden ist.
Einmal ist von aktiv gemanagten ETFs die Rede, zum anderen von regelbasierter Geldanlage mit ETFs.
Kommen wir zunächst zu den aktiv gemanagten ETFs.
Aktiv gemanagte ETFs
Bei aktiven ETFs kann ein Fondsmanager die Zusammensetzung des Fonds laufend ändern, in dem er Wertpapiere kauft und verkauft.
Damit versucht er, auf Trends im Markt zu reagieren und Chancen zu nutzen.
Dabei wollen auch aktive ETFs ihren Vergleichsindex (Benchmark) schlagen.
Damit sind sie durchaus mit herkömmlichen aktiven Investmentfonds vergleichbar und unterscheiden sich von diesen vor allem durch die Vorteile des Börsenhandels.
Sie bieten laufende
- Handelbarkeit,
- Transparenz bei der Preisgestaltung und
- höhere Sicherheit.
Aber sie sind im Normalfall auch teurer als herkömmliche ETFs.
Ihr Preis wird sich wohl zwischen dem klassischer, aktiver Fonds und konventionellen ETFs ansiedeln.
Der neueste Trend sind dabei aktiv gemanagte ETFs, die die Strategien von Hedgefonds nachbilden.
Immer häufiger wildern nämlich ETF-Anbieter im Revier der Hedge-Fonds.
In den Vereinigten Staaten gibt es bereits mehr als 20 ETFs, die mit klassischen Hedge-Fonds-Strategien arbeiten.
Auch in Europa kommen jetzt die ersten ETFs mit solchen Strategien an die Börse.
Mit quantitativen, weitgehend automatisierten Ansätzen zielen die neuen Hedge-Fonds-ETFs auf ähnliche Ergebnisse, wie sie traditionelle, aktiv verwaltete Hedge-Fonds bieten.
Dabei können sie unterschiedliche Strategien verfolgen:
- Long/Short-Equity,
- Market Neutral oder
- Managed Futures (investieren weltweit in verschiedene Terminkontrakte).
Damit empfehlen sich Hedge-Fonds als probates Mittel, um die Wertentwicklung eines Portfolios zu stabilisieren.
Ihr Hauptvorteil sind ihre deutlich niedrigeren Kosten im Vergleich zu Hedgefonds, vor allem fällt keine Performance Fee an und insgesamt gibt es eine größere Transparenz als bei vielen Hedgefonds.
Während nämlich der typische Hedge-Fonds jährlich zwei Prozent und mehr der Anlagesumme an Gebühren kostet, fallen bei den neuen Hedge-Fonds-ETFs lediglich 0,5 bis 0,7 Prozent pro Jahr an, also nur einen Bruchteil.
Traditionelle Hedge-Fonds verlangen zudem häufig hohe Anlagesummen und fordern langfristiges Engagement.
Hedge-Fonds-ETFs können dagegen selbst Kleinanleger erwerben.
Zudem lassen sich die ETFs innerhalb weniger Minuten kaufen oder verkaufen.
Beispielsweise verfolgt der neue JP-Morgan-Equity-Long-Short-ETF (ISIN: IE00BF4G7308) die wohl populärste und älteste Hedge-Fonds-Strategie:
Alfred Winslow Jones – der „Vater der Hedge-Fonds“ – hat diese Strategie bereits 1949 entwickelt.
Jones wollte mit seiner Methode Ineffizienzen und Fehleinschätzungen an den Märkten nutzen.
Dazu geht der Fondsmanager bei ausgewählten Aktien „long“, setzt bei diesen Positionen also auf steigende Aktienkurse.
Bei anderen Aktien geht er „short“, spekuliert also auf sinkende Kurse, meist, indem die Aktie leer verkauft wird.
Bei der Long-Short-Equity-Strategie kauft der Hedge-Fonds also unterbewertete Aktien und verkauft überbewertete Aktien.
Liegt der Fondsmanager mit seinen Einschätzungen richtig, macht er Gewinn, und zwar weitgehend unabhängig davon, ob es an der Börse rauf- oder runtergeht.
Auch der neue JPM-ETF will weitgehend marktunabhängige Renditen erwirtschaften.
Das ETF-Portfolio enthält dabei ungefähr 700 Long- und Short-Positionen.
Ausgewählt werden die Titel mit einem systematischen quantitativen Prozess.
Fokussiert wird auf drei Renditefaktoren:
- Value,
- Quality und
- Momentum.
Gekauft werden unterbewertete (Value-) Aktien, Qualitätsaktien und Titel, die sich in einem starken Aufwärtstrend befinden.
Short-Positionen geht der ETF dagegen bei überbewerteten Aktien ein sowie bei Werten mit weniger guten Bilanzen und bei Titeln, die schon in einem deutlichen Abwärtstrend sind.
Das klingt gut, doch die Long/Short-Strategie birgt auch Risiken:
Sowohl Long- als auch Short-Positionen können sich anders entwickeln als erhofft.
Zudem ist bei Short-Positionen das Verlustrisiko theoretisch unbegrenzt:
Solange die Aktie im Kurs steigt, verliert der Leerverkäufer immer Geld.
Bei einer Long-Wette kann der Investor dagegen selbst im schlimmsten Fall nur seinen Einsatz verlieren.
In den USA ist J.P. Morgan bereits seit 2016 mit ETFs mit typischen Hedge-Fonds-Strategien am Start.
In Europa könnten deshalb zu den zwei jetzt aufgelegten Hedge-Fonds-ETFs in absehbarer Zeit weitere Fonds dieser Kategorie dazukommen.
Ein Beispiel für einen aktiv gemanagten ETF, der kein Hedgefonds ist, wäre übrigens der Comstage Vermögensstrategie UCITS ETF (WKN: ETF701).
Das Anlageziel des Fonds besteht darin, den Anteilinhabern langfristigen Wertzuwachs zukommen zu lassen, indem der Fonds in ein breit diversifiziertes ETF-Portfolio investiert.
Für den Fonds werden überwiegend passiv verwaltete, börsengehandelte Investmentfonds oder Investmentgesellschaften (die ETFs) erworben, die die Wertentwicklung marktüblicher
- internationaler Aktien-,
- Renten-,
- Geldmarkt- und/oder
- Rohstoffindizes oder
- Zinssätze
abbilden.
Dabei stellt ein jährliches Zurücksetzen auf die Ausgangsgewichtungen (Rebalancing) sicher, dass keine Portfoliokomponente im Zeitablauf ein überproportionales Gewicht bezogen auf die Zielallokation (die Vermögensstrategie) erhält.
Dieser standardisierte Mix aus Aktien, Anleihen und Rohstoffen ist zudem noch preisgünstig und nicht nur für bequeme Anleger attraktiv.
Regelbasierte Geldanlage mit Indexfonds
Die andere Richtung, über die bei ETFs der dritten Generation berichtet wird, sind regelbasierte ETFs.
Über regelbasierte Geldanlage mit ETFs hat beispielsweise das VZ Vermögenszentrum in der Schweiz geschrieben.
Dabei wenden diese vor allem drei Regeln an, nämlich
- Rebalancing,
- gleitende Durchschnitte und
- relative Stärke.
Ziel ist, emotionale Fehlentscheidungen durch Menschen weitestgehend auszuschalten.
Besonders interessant ist dabei die Kombination verschiedener Regeln.
Sie reduziert das Verlustrisiko in einer Krise und schafft Renditepotenzial in einer Phase steigender Kurse.
Dabei eröffnet ein solches Regelwerk die Chance auf eine deutliche Mehrrendite gegenüber einer klassischen Anlagestrategie (Buy and hold).
Denn bei dieser wird die Gewichtung einzelner Anlageklassen im Zeitablauf kaum verändert.
Und weil regelbasierte Anlagestrategien besonders auf niedrige Transaktionskosten angewiesen sind, werden hier vor allem ETFs eingesetzt.
Wer sich hier schlau machen möchte, sei auf folgendes Buch verwiesen:
Erfolgreich Anlegen Mit ETFs vom VZ Vermögenszentrum, FBV, München 2016.
Fazit: Indexfonds als Anlagetrend unserer Zeit
Der erste Indexfonds wurde 1976 in den USA von John Bogle entwickelt.
Waren ETFs zunächst verpönt, weil sie sich von vornherein mit dem Durchschnitt zufriedengaben, haben sie mittlerweile weltweit ihren Siegeszug angetreten.
Ihren zahlreichen Vorteilen stehen kaum nennenswerte Nachteile gegenüber.
Nach der ersten Generation kapitalmarktgewichteter Indexfonds folgte die zweite Generation der Faktor-ETFs.
Und mittlerweile gibt es auch eine dritte Generation mit aktiv gemanagten ETFs.
Professionelle Vermögensverwalter haben längst erkannt, dass ein „sowohl als auch“ großen Erfolg verspricht und kombinieren aktiv gemanagte Fonds mit ETFs unter anderem in sogenannten Core-Satellite-Strategien.
Es bleibt spannend zu verfolgen, welche Entwicklung Exchange Traded Funds in Zukunft noch nehmen werden.
Gerade in Europa haben sie noch sehr viel Potenzial und Nachholbedarf im Vergleich zu den Vereinigten Staaten von Amerika.
So zeigen empirische Untersuchungen beispielsweise, dass nur ein kleiner Prozentsatz der Deutschen schon mal etwas von Indexfonds bzw. ETFs gehört hat.
Da ist also noch reichlich Luft nach oben.
Ein ausgezeichneter Artikel, der mir gefallen hat, dass Sie die Indizes für alle Ebenen beschrieben haben. Wie mein Broker sagte, lohnt es sich, verschiedene Finanzprodukte in Ihrem Portfolio zu haben, damit eine Versicherung besteht, wenn einige Finanzprodukte im Preis fallen. Er empfahl auch ein kurzfristiges Einkommens portfolio und ein langfristiges Portfolio. Denken Sie, dass es sich lohnt, mehrere Portfolios zu haben, oder reicht eines aus? Vielen Dank für Ihre Empfehlungen zu Finanzprodukten und werden sie auf jeden Fall hören!
Hallo!
Meiner Meinung nach reicht ein Portfolio mit mehreren Fonds/ETFs aus verschiedenen Anlageklassen vollkommen aus. Aber letztlich kommt es auch auf die Höhe des Vermögens an, denn größere Vermögen ermöglichen andere/erweiterte Strategie. Auf jeden Fall würde ich eine passive Anlagestrategie bevorzugen.
Viele Grüße und viel Erfolg!
Jürgen
Wow, sehr umfangreicher und ausführlicher Artikel. Nun kommen sogar die aktiven Manager in die ETF Welt und verwässern das System.
Liebe Grüße
Henning