Die Bundesregierung hat eine Expertenkommission beauftragt, Vorschläge zur Reform der privaten Altersvorsorge zu machen und diese attraktiver zu gestalten. Die Kommission schlägt eine Neugestaltung der Riester-Rente sowie die Einführung neuer geförderter Anlagemöglichkeiten vor, wie ETFs und Fonds, während die Idee eines staatlich verwalteten Fonds nicht weiterverfolgt wird.
Die private Altersvorsorge soll grundlegend reformiert werden, wie Finanzstaatssekretär Florian Toncar (FDP), der die „Fokusgruppe private Altersvorsorge“ leitet, zusammenfasst. Der 132-seitige Abschlussbericht, der dem Bundeskabinett vorgelegt wird, soll als Grundlage für die geplante Reform der Ampelkoalition dienen. Toncar äußerte den Wunsch, dass das Gesetzgebungsverfahren bis 2024 abgeschlossen werden könne.
Mehr Risiko und neue Anlagemöglichkeiten bei Riester-Verträgen
Die private Riester-Rente, die im Rahmen der Rentenreform von 2001 eingeführt wurde, hat seit langem ein Akzeptanzproblem. Obwohl die Anzahl der Riester-Verträge nach der Einführung zunächst stark gestiegen ist, stagniert sie seit Jahren bei rund 16 Millionen und ist zuletzt sogar leicht gesunken.
Das Arbeitsministerium schätzt, dass etwa ein Fünftel der Verträge ruhend gestellt ist, was bedeutet, dass dort keine Beiträge mehr eingezahlt werden. Niedrige Renditen, hohe Vertriebs- und Verwaltungskosten sowie eine unübersichtliche Produktvielfalt mindern die Attraktivität der Riester-Rente.
Reform der Riester-Rente: Fokus auf Standardisierung und höhere Renditen
Die Expertenkommission schlägt vor, die klassische Riester-Rente grundlegend zu reformieren und eine stärkere Standardisierung anzustreben. Um höhere Renditen zu erzielen, sollen auch Anlageprodukte mit Verlustrisiko zugelassen werden, wodurch Vorsorgesparer unter Umständen nicht einmal ihre eingezahlten Beiträge zurückerhalten. Es besteht jedoch Uneinigkeit hinsichtlich des Garantieverzichts, da einige Mitglieder der Kommission darauf bestehen, dass eine gewisse Verlässlichkeit für die geförderte Altersvorsorge erforderlich ist.
Die Fokusgruppe empfiehlt, an der klassischen Riester-Rente festzuhalten, jedoch unter einem neuen Namen. Das Ziel einer grundlegenden Reform sollte eine größere Standardisierung sein. Um höhere Renditen zu ermöglichen, sollten auch Anlageprodukte mit Verlustrisiko zugelassen werden, sodass Vorsorgesparer unter Umständen nicht einmal die eingezahlten Beiträge zurückerhalten.
Ein ähnlicher Ansatz wurde bereits 2018 in der betrieblichen Altersvorsorge verfolgt. Im Rahmen des Sozialpartnermodells haften Arbeitgeber nicht mehr für eine bestimmte Höhe der späteren Betriebsrentenzahlungen, wodurch auch risikoreichere Anlageformen wie Aktien möglich sind.
Reform der privaten Altersvorsorge: Experten lehnen öffentlichen Fonds ab
Um die unterschiedlichen Vorstellungen der SPD, Grünen und FDP zur privaten Vorsorge zu berücksichtigen, wurde die Fokusgruppe eingesetzt. Die Ampelkoalition suchte auch externe Expertise, da es erhebliche Unterschiede in den Ansichten der Parteien gab. Während die FDP vor allem höhere Aktienanteile in den Vorsorgeprodukten befürwortete, brachten SPD und Grüne die Idee eines staatlich verwalteten Fonds ins Gespräch. Die Fokusgruppe kam jedoch nach einer kontroversen Diskussion zu dem Ergebnis, dass der Fonds keine Mehrheit fand. Zwölf Mitglieder stimmten gegen eine weitere Verfolgung der Idee, darunter auch Arbeitgeber und Gewerkschaften. Fünf Mitglieder stimmten dafür und zwei enthielten sich.
Das Bundeswirtschaftsministerium, das von den Grünen geführt wird, bedauerte das Scheitern des Fonds. Der Markt für private Altersvorsorgeprodukte sei von Informationsasymmetrien, hohen Vertriebskosten, überhöhten Kosten der Vermögensverwaltung und Komplexität geprägt. Das Ministerium ist der Meinung, dass ein staatlich verwalteter Fonds hier Abhilfe schaffen könnte.
Gestaffelte Vorsorgeprodukte für die private Altersvorsorge
Für die private Vorsorge sollen gestaffelte Vorsorgeprodukte eingeführt werden, bei denen beispielsweise mindestens 80 Prozent der eingezahlten Beiträge garantiert sind. Während die Fokusgruppe sich mehrheitlich für einen vollständigen Garantieverzicht aussprach, lehnt der Gesamtverband der Deutschen Versicherungswirtschaft (GDV) dies ab. Der GDV-Hauptgeschäftsführer Jörg Asmussen betont, dass die Menschen bei der geförderten Altersvorsorge Verlässlichkeit erwarten und dies bei einem vollständigen Garantieverzicht nicht gegeben wäre.
Mehr Flexibilität in der Rentenphase
Auch in der Rentenphase soll es künftig mehr Flexibilität geben. Bisher sehen Riester-Verträge eine gleichmäßige monatliche Rentenzahlung vor. Künftig könnten auch Produkte angeboten werden, bei denen zu Beginn des Ruhestands höhere Beträge ausgezahlt werden.
Um die Vielzahl der privaten Vorsorgeprodukte transparenter zu gestalten, schlägt die Expertengruppe ein Vergleichsportal vor, das beispielsweise die Abschluss- und Verwaltungskosten der Vorsorgeprodukte vergleichbar machen soll. Der Wechsel zwischen Anbietern sollte ebenfalls erleichtert werden, um mehr Wettbewerb zu ermöglichen.
Die Hoffnung besteht darin, dass der Wettbewerb die Kosten senken wird. Verbraucherschützer haben hingegen strengere politische Eingriffe gefordert, um beispielsweise die hohen Provisionskosten zu begrenzen.
Reform der privaten Altersvorsorge: Geförderte Vorsorge mit ETFs
Als neues Instrument schlägt die Fokusgruppe ein sogenanntes Altersvorsorgedepot vor. Banken oder Versicherungen würden dieses als eine Art Hülle anbieten. Vorsorgesparer könnten dann beispielsweise in Fonds oder ETFs investieren und wie bei der klassischen Riester-Rente auch staatliche Förderung erhalten, solange sie das Depot bis zum Rentenalter halten.
Reform der privaten Altersvorsorge: Vorteile von ETFs
Während ein Riester-Vertrag zur privaten Altersvorsorge hohe Kosten hat, sind ETFs vergleichsweise billig. Ein Weltaktien-ETF wie der Vanguard FTSE All World UCITS ETF (USD) Accumulating (WKN: A2PKXG) kostet nur 0,22 Prozent pro Jahr. Er bildet den FTSE All-World Index nach, der Zugang zu Aktien aus Industrie- und Schwellenländern weltweit bietet.
Darüber hinaus sind ETFs einfach zu verstehen, transparent und flexibel. Vermutlich werden Banken noch eine gebühr für das angedachte Altersvorsorgedepot erheben, aber die Gesamtkosten dieser Lösung dürften wesentlich niedriger sein als die eines Riester-Vertrages.
Sinnvoll vor allem für junge Sparer
Laut dem Bericht wäre es grundsätzlich sinnvoll, ein förderfähiges privates Altersvorsorgedepot mit einer starken Ausrichtung auf Aktien ohne Garantievorgaben einzuführen. Dieses Produkt würde sich insbesondere an junge Sparer richten, die bis zum Rentenalter noch genügend Zeit haben, um Wertschwankungen besser auszugleichen.
Diese neuen Regeln könnten auch auf bestehende Verträge angewendet werden, jedoch nur mit Zustimmung beider Seiten. Ansonsten würden sich für bestehende Verträge keine Änderungen ergeben, betonte Toncar.
Steuerliche Förderung: Erhöhung und Anpassung im Gespräch
Um die private Vorsorge zu fördern, gibt es neben Zulagen auch steuerliche Vorteile: Jährlich können bis zu 2.100 Euro als Sonderausgaben von der Steuer abgesetzt werden. Diese Summe wurde seit der Einführung der Riester-Rente nicht erhöht. Die Kommission empfiehlt, den Betrag zu erhöhen und künftig anzupassen.
Diese Empfehlung steht jedoch unter dem Vorbehalt des Haushalts. Die Regierung wird bei der Umsetzung die Kosten berechnen und angesichts der angespannten Haushaltslage entscheiden, was sie sich leisten kann.
Private Vorsorge nicht für alle geeignet: Stärkung der gesetzlichen und betrieblichen Renten gefordert
Laut dem DGB-Vorstandsmitglied Anja Piel haben 40 Prozent der Haushalte nicht genug Geld, um überhaupt etwas für das Alter zurücklegen zu können. Sie benötigen ihr gesamtes Einkommen für den täglichen Lebensunterhalt. Private Vorsorge sei daher nicht für alle Arbeitnehmer geeignet, betonte Piel. Deshalb müsse die Regierung auch die gesetzliche Rente stärken und die betrieblichen Renten ausbauen.
Fazit zur Reform der privaten Altersvorsorge
Die Riester-Rente in ihrer jetzigen Form ist unattraktiv, weil zu teuer. Dagegen erscheint der Vorschlag der Regierungskommission zur Reform der privaten Altersvorsorge in Bezug auf ETFs zunächst attraktiv, ohne die Kosten für ein privates Altersvorsorgedepot im Detail zu kennen. Auf jeden scheint dieses Konzept ein Schritt in die richtige Richtung zu sein, denn ETFs sind unschlagbar günstig.